BIM-Pilotprojekt mit Vectorworks

Aus der Forschung in die Anwendung: Der BIM-basierte Bauantrag

Das Architekturbüro |DA| DRAHTLER ARCHITEKTEN engagiert sich aktuell mit einem Pilotprojekt bei der Entwicklung des BIM-basierten Bauantrags. Seit über 20 Jahren verfügen die Dortmunder Architekten über umfassende Erfahrung in der 3D-Planung und bereits seit 2006 setzen sie die BIM-Methode mit Vectorworks ein. Im Rahmen eines Forschungsprojekts arbeiten die BIM-Pioniere jetzt an der Festlegung von konkreten Modellierungs-Richtlinien für einen BIM-basierten Bauantrag.

Pilotprojekt bei der Entwicklung des BIM-basierten Bauantrags: Ocean 21 in Dortmund
Pilotprojekt bei der Entwicklung des BIM-basierten Bauantrags: Ocean 21 in Dortmund (© Drahtler Architekten, Dortmund)

Autor: Tim Westphal

Die Stadt Dortmund ist eine Modellkommune, die den BIM-basierten Bauantrag unterstützt und für kommende Bauvorhaben ermöglichen will. Dies geschieht im Rahmen eines geförderten Forschungsprojekts, das von Planen Bauen 4.0 geleitet wird. Prof. Dr. Markus König mit dem Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen an der Ruhr-Universität Bochum ist der wissenschaftliche Forschungspartner. Das erste reale Bauvorhaben im Forschungsprojekt war das Bürogebäude Ocean 21 in Dortmund von Drahtler Architekten. Für dieses Projekt wurden allgemeingültige Modellierungsrichtlinien erarbeitet, die zukünftig als Basis für BIM-basierte Bauanträge dienen sollen.

Im Frühsommer 2020 wird in der Fortführung der erste komplett BIM-basierte Bauantrag für ein Folgeprojekt von Drahtler Architekten eingereicht, der Neubau der Firmenzentrale Louis Opländer, ein Traditionsunternehmen in der Technischen Gebäudeausrüstung in Dortmund.

Der Architektur-Journalist Tim Westphal hat dazu Tina Drahtler, Prokuristin von Drahtler Architekten, zum aktuellen Stand der Planungen befragt.

Die Digitalisierung betrifft die städtischen Bau- und Planungsabteilungen ebenso wie Architekten, Fachplaner oder die Bauindustrie. Sie entwickeln aktuell mit verschiedenen Partnern aus Forschung und Anwendung einen BIM-basierten Bauantrag. Worin soll der Nutzen liegen, für die Architekten, Fachingenieure, Bauherren und Genehmigungsbehörden?

Der Nutzen ist vielfältig. So benötigen wir zukünftig nicht mehr alle Unterlagen in fünffacher Ausfertigung. Bisher ist das ja irrwitzig viel Papier, was da eingereicht werden muss. Der Architekt als Partner des Bauherrn erhält außerdem neue Vollmachten. So ist es nicht mehr nötig, dass der Bauherr auf dem Bauantrag unterschreibt. Das wird vieles abkürzen und schneller werden lassen. Hinzu kommt, dass digitale Gebäudemodelle direkt zur Prüfung an die Baubehörden hochgeladen werden können. Damit liegt die Planung beim Amt nicht mehr in 2D-Daten, als PDFs oder im DWG-Format vor, sondern als IFC-Modell. Der Prüfstatiker kann daraus ebenso seine Prüfstatik erstellen.

Damit wird das gesamte Baugenehmigungsverfahren vereinfacht?

Das ist richtig. Für die Behörden vereinfacht es aber noch mehr: Ausgedruckte Papierpläne werden zum heutigen Stand mit den Grüneintragungen, also den amtlichen Anmerkungen und Änderungen, versehen und anschließend eingescannt, erneut ausgedruckt und zu uns zur Bearbeitung zurückgeschickt. Das alles soll in Zukunft durchgängig digital möglich sein. Der Faktor Zeit ist dabei nicht zu unterschätzen. Das Baugenehmigungsverfahren lässt sich mit einem BIM-basierten Bauantrag stark verkürzen.

Fachplaner-Koordination LP5: Modellintegration in Vectorworks
Fachplaner-Koordination LP5: Modellintegration in Vectorworks (© Drahtler Architekten, Dortmund)

Was ändert sich mit dem BIM-basierten Bauantrag für den Architekten?

Mit einer modellorientierten BIM-Planung kläre ich viele Punkte schon in den Leistungsphasen 3 und 4 ab, die ich bis dato erst in der Ausführungsplanung mit Leistungsphase 5 bearbeitet habe. Für unser Büro bedeutet das aber, dass wir Projekte mindestens bis nach der Ausführungsplanung betreuen. Denn sonst rechnet sich die intensive Arbeit während der Entwurfs- und Genehmigungsplanung nicht.

Konkret auf Ihr Projekt bezogen: Sind die Modellierungsrichtlinien, die Sie in ihrem Projekt „Ocean 21“ erarbeitet haben, auch sinnvoll für Büros, die bisher keine Berührung mit dem digitalen Bauantrag hatten?

Ja, absolut. Es hilft allen, stärker auf die wichtigen Dinge zu achten – beispielsweise die Flächen so auszulesen, wie sie für den Antrag relevant sind. Der Datenmanager in unserer BIM-Software Vectorworks war hierbei enorm wichtig. Denn er legte fest, was rausgegeben wird und was nicht.

Was sind die Anforderungen an das BIM-Modell, damit der BIM-basierte Bauantrag möglich ist?

Wenn wir vom nötigen Detaillierungsgrad im Modell sprechen: Da wollten wir den Architekten nicht so viel vorschreiben. Es geht im Modell nur um die notwendigen Informationen, die auch im klassischen Bauantrag notwendig sind. Um mehr nicht. Zum Bauantrag gehören darüber hinaus ergänzende Nachweise. Die Brandschutzregeln fließen zum Beispiel bereits ein, der Wärmeschutznachweis ist jedoch noch nicht automatisiert möglich.

Lässt sich prognostizieren, um wieviel schneller die Bauantragserstellung wird?

Aktuell fehlen ja noch Vergleichswerte. Doch wenn man ein BIM-Projekt plant und es auch als IFC-Modell, in 3D einreicht, ist es für den einreichenden Architekten bereits deutlich schneller. Ich kann mir den ganzen Prozess des Umarbeitens der Pläne für den Bauantrag sparen. Die Plankopferstellung entfällt, das Aufsetzen in 2D-Plänen und die Planlayouts, das Umfärben und Visualisieren von Bauteilen und Flächen und die zahllosen Plots und Kopien für die Bauantragseinreichung: Es muss nur noch eine digitale Akte geliefert werden. Bei unseren Projekten sind wir ungefähr zwei Wochen mit dem Bauantrag beschäftigt. Das schrumpft nun auf wenige Arbeitstage.

Tina Drahtler, Prokuristin von |DA| DRAHTLER Architekten BDA Dortmund, arbeitet seit 22 Jahren mit Vectorworks und setzt seit 14 Jahren die BIM-Methode ein.
Tina Drahtler, Prokuristin von |DA| DRAHTLER Architekten BDA Dortmund, arbeitet seit 22 Jahren mit Vectorworks und setzt seit 14 Jahren die BIM-Methode ein.

Sie arbeiten im Büro mit der BIM-Planungssoftware Vectorworks. Setzen Sie spezielle Funktionen oder Werkzeuge im Pilotprojekt ein?

Ja, durchaus. Was wir bei der Bauantragerstellung feststellten: Wir hatten viele Daten einzubinden, die bisher nicht so wichtig waren in anderen Projekten. Daher war der Datenmanager in Vectorworks elementar bei unserer Arbeit – also zum Beispiel die Filterung nach Attributen im Programm. Hinzu kam, dass wir die eingebunden Marionette- und Python-Scrips für die individuelle Anpassung unserer BIM-Software einsetzen. Wir haben uns wichtige Ergänzungen für die Projekte in Vectorworks programmieren lassen, so zum Beispiel für die Schlitz- und Durchbruchsplanung im 3D-Modell. Wir empfinden das als großen Mehrwert: Sobald wir uns mit neuen Dingen oder Lösungen beschäftigen, können wir viel selbst davon mit eigenen Bordmitteln realisieren.

Lesen Sie hier das komplette Interview mit Tina Drahtler: